David Rousset

geboren am 18. Januar 1912 in Roanne, FR,
verstorben am 13. Dezember 1997 in Paris 

David Rousset wurde 1943 wegen seiner Widerstandstätigkeit in Frankreich verhaftet. Schon vor dem Krieg war er politisch aktiv. Nach seiner Befreiung schrieb er bedeutende Bücher über die Konzentrationslager und das Terrorsystem Stalins. 1968 wurde er Mitglied der französischen Nationalversammlung.

Mit Schaufeln oder Hacken in der Hand erfassen sie den Ort und finden den Platz, der am besten vor Überwachung geschützt ist und wo wir um keinen Preis gezwungen sein werden, stark zu schwitzen. Es ist schwierig, sich in der Gruppe zurecht zu finden: Fragen der Sprache, der Nationalität, Alter, alles spielt eine Rolle. Allein inmitten von Russen und Polen, zum ersten Mal mit ihnen in Kontakt, da ist der offene Konflikt eine Gewissheit. 

David Rousset, Les jours de notre mort, Paris 1993.

Biografie

David Rousset wurde am 18. Januar 1912 in Roanne, etwa 70 Kilometer von Lyon entfernt, in einer Arbeiterfamilie geboren. Er konnte dennoch an der Pariser Sorbonne studieren und machte dort im Alter von 20 Jahren seinen Abschluss in Philosophie und Literatur. Er arbeitete zunächst als Lehrer. Bereits vor seinem Studienabschluss hatte er sich der Studententorganisation der sozialistischen Partei Section francaise de l’internationale ouvriere (SFIO) angeschlossen. Er lernte Leo Trotzki in Frankreich kennen und war nach dem Ausschluss aus der SFIO Mitbegründer der trotzkistischen Partei Parti ouvrier internationaliste (POI). 

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Korrespondent vor Kriegsausbruch
Bis zur deutschen Besetzung Frankreichs arbeitete Rousset als Journalist. Er war als Korrespondent der US-Magazine Time und Fortune unter anderem für die Fachgebiete Wirtschaft und Politik zuständig. Im Rahmen seiner politischen Arbeit beschäftigten ihn vor allen Dingen Fragen der Kolonialpolitik. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen setzte er die Arbeit für die POI illegal fort. 

Buchenwald, Barkhausen, Beendorf
Die Gestapo verhaftete Rousset im Oktober 1943. Über das Gefängnis in Fresnes und das Transitlager in Compiègne kam er im Januar 1944 in das KZ Buchenwald. Knapp zwei Monate später wurde er mit dem ersten Häftlingstransport an die Porta Westfalica gebracht und im Lager im Kaiserhof inhaftiert. An der Porta Westfalica blieb er nicht lange. Aufgrund einer Entzündung verlegte man ihn kurz nach dem Eintreffen des Transportes in das Hauptlager Neuengamme und von dort aus Ende April in das Außenlager Helmstedt-Beendorf. Hier hatte die SS das sogenannte Projekt A3 auf den Weg gebracht, in dem KZ-Häftlinge als Zwangsarbeiter, ähnlich wie an der Porta Westfalica, unterirdische Produktionsstätten in Salzbergwerken aufbauen mussten. 

Befreiung in Wöbbelin
Nach der Räumung von Beendorf wurde David Rousset mit etwa 4000 weiteren Häftlingen nach Wöbbelin transportiert, wo er am 2. Mai 1945 befreit wurde. Nach der Befreiung unterstützte er die amerikanischen Truppen bei der Organisation von Verlegungen von schwerstkranken Häftlingen. Er infizierte sich dabei mit Typhus. 

Das KZ-Universum
Nach seiner Rückkehr nach Frankreich erholte sich Rousset von der Erkrankung. Innerhalb weniger Wochen diktierte er danach das Manuskript zu seinem Buch „L’Univers Concentrationnaire“ („Das KZ-Universum“), welches noch zum Jahreswechsel 1945/1946 erschien. Die im Buch dargelegte Analyse des KZ-Systems beeinflusste in den Folgejahren unter anderem George Orwell und Hannah Arendt. Kurze Zeit später erschien mit „Les Jours de notre mort“ (Die Tage unseres Todes) ein zweites Werk zum KZ-System, welches sehr viel umfangreicher ist und stärkere autobiographische Züge trägt. 

Aktivist & Journalist
Als Gegenentwurf zum erstarkenden Kalten Krieg arbeitete David Rousset in den späten 1940er Jahren zusammen mit Jean-Paul Sartre an der Gründung der linken Partei Rassemblement democratique revolutionaire. Langfristig war dem Projekt aber aufgrund unterschiedlicher Auffassungen von Sartre und Rousset kein Erfolg beschieden. In den Folgejahren galt Rousset in der Öffentlichkeit als Antikommunist, der sich vor allen Dingen mit Kritik am stalinschen Terrorregime nicht zurückhielt und sich international für eine Ächtung des sowjetischen Gulag-Straflagersystems einsetzte. Ab den 1960er Jahren arbeitete Rousset wieder mehr als Journalist, unter anderem für die Tageszeitung Le Figaro. 1968 wurde er zum Mitglied der französischen Nationalversammlung gewählt, verließ diese aber nach dem Rücktritt und Tod Charles de Gaulles wieder. Er betätigte sich in der Folgezeit wieder als Journalist, aber auch als Buchautor und Kommentator. Am 13. Dezember 1997 verstarb David Rousset in Paris im Alter von 85 Jahren. 

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Im August 1945 begann David Rousset mit den Arbeiten an „L’univers concentrationnaire“, einer Analyse der Funktion und Systematik der deutschen Konzentrationslager.  Es erschien 1946 zunächst auf französisch. 2020 erschien die erste deutsche Ausgabe unter dem Titel „Das KZ-Universum“.