Hermann Langbein

geboren am 18. Mai 1912 in Wien, AT,
verstorben am 24. Oktober 1995 in Wien, AT

Hermann Langbein kämpfte im spanischen Bürgerkrieg gegen die Faschisten unter Franco. 1941 wurde er nach Deutschland ausgeliefert und in mehreren KZs inhaftiert. Einer seiner letzten Haftorte war Lerbeck. Nach Kriegsende war er maßgeblich an der Aufarbeitung der NS-Verbrechen beteiligt.

„Wir fahren durch Landschaften, die wie Mondkrater aussehen. Überall arbeiten Menschen in Häftlingsanzügen. Ganz Deutschland ist ein KZ"

Hermann Langbein, Die Stärkeren - Ein Bericht aus Auschwitz und anderen Konzentrationslagern, Köln 1982 

Biografie

Hermann Langbein wurde am 18. Mai 1912 in Wien geboren. Sein Elternhaus war konservativ und großdeutsch orientiert, sein Vater stammte aus einer jüdischen Familie. Nach der Matura arbeitete er als Schauspieler und trat unter dem Eindruck der Machtübergabe an die Nationalsozialisten in Deutschland 1933 in die KPÖ, die kommunistische Partei Österreichs ein.

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Kämpfer gegen Franco
Da die KPÖ im selben Jahr verboten wurde, verhaftete man ihn in der Folgezeit mehrfach. 1938, nach der Annektion Österreichs, floh er nach Spanien und schloss sich dort den internationalen Brigaden an, die gegen die Faschisten Francos kämpften. Als sich der Sieg Francos abzeichnete, flüchtete er nach Frankreich und wurde dort in verschiedenen Lagern interniert.

Dachau, Auschwitz, Neuengamme
1941 wurde er nach Deutschland ausgeliefert und kam dort zunächst ins KZ Dachau. Von Dachau aus verlegte man ihn 1942 nach Auschwitz, wo er bis 1944 blieb und unter anderem als Lagerschreiber in der medizinischen Abteilung von Eduard Wirths arbeitete. Er nutzte seine Position um Erleichterungen für seine Mithäftlinge zu erreichen und darüber hinaus auch eine Widerstandsbewegung im Lager zu organisieren. Ende des Sommers 1944 wurde er aus Auschwitz nach Neuengamme verlegt, wo er zunächst im Außenkommando bei den Bremer Borgwardwerken Zwangsarbeit leisten musste.

Als Lagerschreiber in Lerbeck
Nach der Bombardierung der Borgwardwerke kam er kurze Zeit später zurück ins Hauptlager Neuengamme und arbeitete dort in der Schreibstube. Im Dezember erfolgte seine Verlegung ins Außenlager nach Lerbeck. Auch hier wurde Langbein wieder Lagerschreiber. Insgesamt blieb er dort knappe vier Monate, bis zur Räumung der Lager an der Porta Westfalica am 1. April 1945.

Flucht auf dem Fahrrad
Der Räumungstransport brachte ihn zunächst ins Außenlager Laagberg, nach der Räumung auch dieses Lagers nutzte er am 11. April 1945 die Gelegenheit bei einem Halt des Zuges in Salzwedel zur Flucht. Im zwischenzeitlich befreiten Hannover hielt er sich im Anschluss mehrere Wochen auf, bevor er am 5. Mai 1945, wenige Tage vor der deutschen Kapitulation, den Beschluss fasste, nach Österreich zurückzukehren. Mit einem Fahrrad legte er die Strecke bis zur deutsch-österreichischen Grenze in neun Tagen zurück, nach vier weiteren Tagen erreichte er Wien. 

Aktivist der Aufarbeitung
Bereits 1947 wurde Hermann Langbein zu einem der wichtigsten Zeugen in den Prozessen gegen führende Nationalsozialisten, er sagte unter anderem im Prozess gegen Rudolf Höß in Warschau als Zeuge aus. 1954 wählte man ihn zum ersten Generalsekretär des Internationalen Auschwitz Komitees. Aufgrund seiner Einstellung zum Stalin-Regime schloss man ihn Ende der 1950er Jahre aus der Kommunistischen Partei Österreichs aus, ebenso verlor er in der Folgezeit seinen Posten im Internationalen Auschwitz Komitee. 1963 war er Beobachter des Eichmann-Prozesses in Jerusalem. Bei der Vorbereitung des Frankfurter Auschwitz-Prozesses spielte Langbein eine entscheidende Rolle. Neben seinen unzähligen Kontakten zu ehemaligen Häftlingen stellte er den ermittelnden Behörden auch Dokumente zur Verfügung, die später im Prozess Verwendung finden sollten. In den folgenden Jahren arbeitete er als Publizist und Historiker und veröffentlichte mehrere Bücher über die Prozesse, über Auschwitz und den Widerstand in Konzentrationslagern. 1967 zeichnete ihn Yad Vashem als „Gerechter unter den Völkern“ aus. Seine Erinnerungs- und Aufklärungsarbeit setzte er bis zu seinem Tod am 24. Oktober 1995 in Wien fort.

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Zur Person von Hermann Langbein gibt es eine Video-Präsentation im Ausstellungs-Container.

“Eiskalt ist's in der Baracke. Die Lacken auf dem Appellplatz sind gefroren. Ich spüre aber die Kälte nicht. Die Offensive der Russen hat begonnen. Wie schnell geht's vorwärts! Die Weichsel ist überschritten, mehr lesenan Krakau vorbeigestoßen, das oberschlesische Indudstriegebiet erreicht. Auschwitz ist frei! […] Die Amerikaner und Engländer stoßen an den Rhein vor. Tag um Tag brummen Bombengeschwader über das Lager, Woche um Woche verrinnt.”  weniger lesen

Hermann Langbein, Die Stärkeren - Ein Bericht aus Auschwitz und anderen Konzentrationslagern, Köln 1982 

Erkennungsdienstliches Foto von Hermann Langbein, aufgenommen im Konzentrationslager Dachau im Mai 1941

Quelle: Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands / Spanienarchiv