Jørgen Diemer
geboren am 10. September 1916 in Faborg Sogn, DK,
verstorben am 23. September 2002 in Roskilde, DK
Jørgen Diemer war Sekretär der Partei „Dansk Samling“ und Teil des Widerstands in Dänemark. Nach seiner Verhaftung kam er im September 1944 als KZ-Häftling an die Porta Westfalica. Aufgrund der gesundheitlichen Haftfolgen konnte er seine politische Arbeit nach dem Krieg nicht langfristig fortsetzen.
„Und doch waren das Schlimmste nicht die körperlichen Schmerzen. Es gibt trotz allem eine Grenze dafür, wieviel man rein körperlich fühlen kann. Mit der psychischen Belastung, die auf einem lag, war es weit schlimmer. mehr lesenMan kann sich an vieles gewöhnen; wenn man das erste Dutzend Leichen gesehen hat, macht das keinen so großen Eindruck mehr. Die ersten Male, als ein Kamerad vor Erschöpfung umfiel, machte es einen tiefen Eindruck, aber im Laufe der Zeit rührt man sich nur noch dann, um zu helfen, wenn es der war, der direkt neben einem selbst stand.“ weniger lesen
Jørgen Diemer, Porta in Westfalen, übersetzt von Rainer Fröbe, in Joachim Meyert / Arno Klönne (Hg.): Verdrängte Geschichte - Verfolgung und Vernichtung in Ostwestfalen 1933-1945, Bielefeld 1986.
Foto von Jørgen Diemers Ausweiskarte, ausgestellt im Juli 1941.
Quelle: Bildersammlung des Frihedsmuseet Kopenhagen
Biografie
Jørgen Diemer wurde am 10. September 1916 in Faborg Sogn, einer kleinen Gemeinde auf der Insel Fünen geboren. Er wuchs im Süden von Jütland auf und machte eine Ausbildung zum kaufmännischen Angestellten. 1939 trat er der nationalistischen Parteibewegung Dansk Samling bei. Er übernahm die Leitung des Parteibüros im Oktober 1941. Ab 1942 engagierte er sich verstärkt im Widerstand und unterstütze die Kontakte von britischen Agenten in Jütland. Er gab seine Parteifunktion 1943 ab, unterstützte aber die illegale Schriftenproduktion und -verteilung von Dansk Samling.
mehr lesenDer Weg an die Porta Westfalica
Im März 1944 wurde Jørgen Diemer verhaftet. Wie viele andere dänische Widerstandskämpfer verbrachte er das folgende halbe Jahr in den dänischen Gefängnissen und Lagern Vestre, Horserød und Frøslev, bevor man ihn am 15. September 1944 nach Neuengamme und wenige Tage später mit einer Gruppe von 99 dänischen Häftlingen in das Außenlager Barkhausen brachte.Zwangsarbeiter
Jørgen Diemer durchlief, wie viele andere Häftlinge auch, an der Porta Westfalica mehrere Stationen der Zwangsarbeit. So musste er unter anderem beim Stollenausbau schwere körperliche Transportarbeiten erledigen und Maschinen für Philips in den oberen Stollen im Jakobsberg bewegen. Hierbei versuchte er, die komplexen Anlagen möglichst unsichtbar zu sabotieren. Mit dem jeweiligen Arbeitskommando änderten sich auch immer die Begleitumstände und die Überlebenschancen konnten sich innerhalb eines Tages verschlechtern oder verbessern.Befreiung
Während die meisten überlebenden dänischen Häftlinge die Porta Westfalica erst Mitte März 1945 in Richtung Neuengamme verließen, war Diemer schon kurze Zeit zuvor mit einem Rücktransport mit nicht mehr arbeitsfähigen Häftlingen dort eingetroffen. Er verließ Neuengamme im April zusammen mit über 4000 skandinavischen Häftlingen in Richtung Schweden.Nach dem Krieg
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Jørgen Diemer nahm nach dem Krieg seine Arbeit für Dansk Samling wieder auf, blieb aber aufgrund von der gesundheitlichen Folgen der KZ-Haft nicht lange in der Position. Die Partei verlor in der Folge ihre politische Bedeutung. Diemer gründete sein eigenes Unternehmen in der holzverarbeitenden Industrie. 1972 betätigte er sich erneut politisch und trat in die linke und zu diesem Zeitpunkt europakritische Socialistisk Folkeparti ein, deren Vorsitz für den Bereich Roskilde er ebenfalls später übernahm. Jørgen Diemer verstarb am 23. September 2002 im Alter von 88 Jahren in Roskilde.
“Ich wog 85 Kilo, als ich nach Deutschland kam, und 55, als ich mit dem zweiten Krankentransport nach Schweden kam. Und dabei gehörte ich noch zu denen, die relativ gut in Porta zurecht kamen.”
Jørgen Diemer, Porta in Westfalen, übersetzt von Rainer Fröbe, in Joachim Meyert / Arno Klönne (Hg.): Verdrängte Geschichte - Verfolgung und Vernichtung in Ostwestfalen 1933-1945, Bielefeld 1986.