Pierre Bleton

geboren am 3. April 1924 in Epernay, FR,
verstorben am 20. Oktober 1985 in Paris

Pierre Bleton wurde 1943 bei Versailles verhaftet und in das KZ Buchenwald verschleppt. Er war einer der ersten Häftlinge, die im März 1944 an der Porta Westfalica eintrafen. Sein Roman „Le Temps du Purgatoire“ ist eine der wichtigsten Quellen der Erinnerungsarbeit in Porta Westfalica.

„Aus dem abgelegenen Stollen, dessen Eingang sich am Fuße des Berges hinter einer Strauchgruppe befindet und wo ich mich die ersten Tage abgequält habe, ist eine riesige Halle geworden; mehr lesen Dort arbeitet man sich entweder zu Tode, oder man drückt sich und tut überhaupt nichts; dazwischen gibt es kaum etwas.“  weniger lesen

Pierre Bleton, Das Leben ist schön! Überlebensstrategien eines Häftlings im KZ Porta, Bielefeld 1987.

Biografie

Pierre Bleton, am 3. April 1924 in Epernay, in der französischen Champagne geboren, wuchs in einem bürgerlichen Elternhaus auf. Nach dem Abitur ging er nach Paris um dort ein Studium der Rechts- und Politikwissenschaften zu beginnen.  

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Kontakte zur Resistance und Verhaftung
Im Laufe seiner Studienzeit hatte er regen Kontakt zu Resistance, verteilte Flugblätter und illegale Zeitungen. 1943 wurde er während eines illegalen Pfadfinderlagers in der Nähe von Versailles von der Gestapo verhaftet. Über das Gefängnis Fresnés und das Lager Neue Bremm bei Saarbrücken kam er Anfang 1944 mit einem Transport in das Konzentrationslager Buchenwald. Am 18. März 1944 traf er mit dem ersten Häftlingstransport an der Porta Westfalica ein. 

Von Lager zu Lager
Ein knappes halbes Jahr musste er schwerste Zwangsarbeit beim Stollenausbau, unter anderem im Jakobsberg leisten. Anfang September 1944 verlegte man ihn aufgrund von Entkräftung zurück nach Neuengamme. Auch in Neuengamme und später im Außenkommando Fuhlsbüttel setzte man Bleton zur Zwangsarbeit ein und verlegte ihn anschließend zunächst in das KZ Groß-Rosen und kurze Zeit später nach Mittelbau-Dora. Am 11. April 1945 wurde er im Dora-Außenlager in der Nordhauser Boelcke-Kaserne befreit. Das Lager in der Boelcke-Kaserne nutzte die SS als Sterbelager, hierher kamen all jene Häftlinge aus dem Dora-Komplex, die körperlich so ausgezehrt und erkrankt waren, dass sie nirgends mehr zur Zwangsarbeit eingesetzt werden konnten.

Zeugenschaft
1953 veröffentlichte Pierre Bleton seinen autobiographischen Roman „Le Temps de Purgatoire“ (dt: Die Zeit des Fegefeuers). In ihm beschreibt er detailliert seine Zeit in den Lagern Neue Bremm, Buchenwald, Porta Westfalica, Neuengamme, Groß-Rosen und Mittelbau-Dora. Bereits 1948 hatte er als Zeuge im Porta-Prozess vor dem französischen Tribunal Général in Rastatt ausgesagt. In den 1960er Jahren wurde die erste Übersetzung seines Romanteils über Porta Westfalica für die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Köln gegen den ehemaligen Standortleiter in Porta Hermann Wicklein angefertigt. 

„Das Leben ist schön!“
Über zwanzig Jahre später, in den Jahren 1984 bis 1987, erarbeitete eine Schul-AG des Gymnasiums Porta zusammen mit ihrem Lehrer Gerhard Bothe die Veröffentlichung einer weiteren Übersetzung unter dem Titel „Das Leben ist schön!“. Die Arbeit der AG bildete den Anstoß zur Errichtung eines Mahnmals für die Opfer der Außenlager an der Porta Westfalica im Jahr 1992. 

Pierre Bleton erlebte die Einweihung nicht mehr, er verstarb am 20. Oktober 1985 im Alter von 61 Jahren.

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Zur Person von Pierre Bleton gibt es eine Video-Präsentation im Ausstellungs-Container.

„Sind alle Schubkarren so schwer wie diese? Haben alle Karren so dicke Holme? Und ich habe geglaubt, sie sei leicht zu handhaben...Sauerei! mehr lesenDie rohen Holzgriffe rutschen mir aus der Hand, ich fasse zu und los geht’s; aber das Rad sinkt im Boden ein, ich schiebe weiter. An der Krümmung des Stollens sehe ich das Tageslicht; das ist der schwierigste Abschnitt; der Boden steigt an, am Ende des Stollens noch eine schlimme Steigung. Oben angekommen, wird die Karre umgekippt und entleert. Zum Glück ist heute der SS-Kommandoführer nicht da; drei Tage nach unserer Ankunft hat er einen Russen mit dem Stiel einer Kreuzhacke zusammengeschlagen, weil er nicht schnell genug gearbeitet hat; ein Kumpel hat mir sogar erzählt, er sei daran gestorben.“  weniger lesen

Pierre Bleton, Das Leben ist schön! Überlebensstrategien eines Häftlings im KZ Porta, Bielefeld 1987.

Buchcover „Das Leben ist schön!“ - Überlebensstrategien eines Häftlings im KZ Porta, Bielefeld 1987. Erschienen im AJZ Verlag.

Quelle: AJZ Verlag

„Das Kommando zieht los. Um halb sechs hat die große Hitze nachgelassen, und es ist angenehm. Kleine, blonde, braungebrannte Kinder spielen; sie sind zu schön, es ist niederschmetternd. mehr lesenDas Haus an der Ecke bietet noch seine Fremdenzimmer an. Trotz des Krieges haben die Sommerfrischler noch nicht auf diesen August verzichtet. Von seiner Türschwelle aus sieht ein Kriegsgefangener, der in der Bäckerei arbeitet, zu, wie wir vorbeimarschieren; er muß glauben, sich in einem besetzten Land zu befinden, mit all diesen französischen Ladenschildern: Café, Restaurant, Pattisserie.“  weniger lesen

Pierre Bleton, Das Leben ist schön! Überlebensstrategien eines Häftlings im KZ Porta, Bielefeld 1987.

Das 1992 in Porta Westfalica eingeweihte Mahnmal zum Gedenken an die Opfer der drei Außenlager des KZ Neuengamme trägt das Zitat „Nicht-Wissen-wollen ist die bedingungslose Kapitulation“ als zentrale Inschrift.