Vor aller Augen

Konzentrationslager in der Nachbarschaft

„Wir fahren durch Landschaften, die wie Mondkrater aussehen. Überall arbeiten Menschen in Häftlingsanzügen. Ganz Deutschland ist ein KZ.“

Konzentrationslager in der Nachbarschaft

Die Außenlager an der Porta Westfalica entstanden in dörflichen oder kleinstädtischen Strukturen. Insbesondere in Barkhausen, Neesen und Lerbeck waren die Lager und ihre Insassen täglich für alle Bürgerinnen und Bürger des Ortes sichtbar. Das Frauenlager am Hausberger Frettholzweg war abseits des Ortskerns errichtet worden, aber auch hier befanden sich die ersten Wohnhäuser und Bauernhöfe in Sichtweite des Lagerzauns und der Baracken. Die Orte, an denen die Häftlinge Zwangsarbeit leisten mussten, waren, wenn sie nicht unter Tage lagen, ebenfalls in vielen Fällen von außen einsehbar. Nach den Bombenangriffen auf Minden im Dezember 1944 wurden Häftlinge aus den Außenlagern dort auf der Bäckerstraße zur Trümmerräumung eingesetzt.

Zeitzeuginnen und Zeitzeugen berichten von unterschiedlichen Reaktionen der Einwohnerschaft. Während direkte Übergriffe, wie das Werfen von Steinen auf vorbeimarschierende Gruppen von Häftlingen die Ausnahme blieben, ist in den Erinnerungen oft von Gleichgültigkeit und einer Art Gewöhnung an Menschen, die in NS-Zwangslagern gefangen gehalten wurden, die Rede.

Nähere Kontakte mit der Ortsbevölkerung ergaben sich auf den Baustellen, auf denen die Häftlinge zur Zwangsarbeit eingesetzt waren. Hier waren es meist zivile Vorarbeiter, die die Häftlingstrupps zur Arbeit antrieben.

In nur wenigen Fällen ist dokumentiert, dass die Zivilbevölkerung Mitgefühl zeigte. Vereinzelt versteckten Menschen Lebensmittel auf dem Arbeitsweg der Häftlinge oder teilten ihre Mahlzeiten in unbeobachteten Momenten auf den Baustellen.