Um jeden Preis
Rüstungsindustrie unter Tage
„Aus dem abgelegenen Stollen, dessen Eingang sich am Fuße des Berges hinter einer Strauchgruppe befindet und wo ich mich die ersten Tage abgequält habe, ist eine riesige Halle geworden. Dort arbeitet man sich entweder zu Tode, oder man drückt sich und tut überhaupt nichts; dazwischen gibt es kaum etwas.“
Rüstungsindustrie unter Tage
1943 wurde die Überlegenheit der alliierten Luftstreitkräfte gegenüber der deutschen Luftwaffe immer offensichtlicher. Da alliierte Bomberverbände zu diesem Zeitpunkt auch bei Tag deutsche Rüstungsstandorte angreifen konnten, entschloss sich die NS-Führung zu großen Verlagerungsaktionen von Rüstungsbetrieben unter die Erde – in Stollen, Schachtanlagen, Tunneln, Höhlen und Bunkern. Im Herbst 1943 lief die Verlagerung von Produktionsstätten der sogenannten V2-Rakete in den Kohnstein bei Nordhausen im Harz an. Die Ausbau- und Verlagerungsarbeiten mussten zu größten Teilen von KZ-Häftlingen in Zwangsarbeit unter unmenschlichen Bedingungen durchgeführt werden.
Im Februar 1944 wurde in Berlin der sogenannte Jägerstab gegründet, der die Produktion deutscher Jagdflugzeuge koordinieren, steigern und sichern sollte. Die unterirdischen Verlagerungen wurden dabei von Hans Kammler, dem Leiter des Amtes C / Bau im Wirtschaftsverwaltungshauptamt der SS verantwortet. Kammler gründete verschiedene sogenannte SS-Sonderinspektionen, die die Verlagerungsplanungen umsetzen sollten. Die SS-Sonderinspektion I unter der Leitung von Bernhard von Glisczynski wurde im Hotel Großer Kurfürst an der Porta Westfalica eingerichtet. Ihr unterstanden unter anderem auch die Untertageverlagerungen in Lengerich, Hannover-Ahlem und Helmstedt-Beendorf.
Die ersten Ziele von Verlagerungsaktionen an der Porta Westfalica waren die im 19. Jahrhundert ausgebauten Sandsteinstollen links und rechts des Weserdurchbruchs. Insgesamt wurden in Hausberge, Barkhausen, Dehme und Dützen fünf Untertageverlagerungen geplant und teilweise gebaut. Hinzu kam ein oberirdisches Frontreparaturwerk für Flugzeugmotoren in Lerbeck und kleinere Projekte unter Tage, die als Teil der größeren Verlagerungen vorgesehen waren.