Arbeiten mit den Augen

Überlebensstrategien

„Und doch waren das Schlimmste nicht die körperlichen Schmerzen. Es gibt trotz allem eine Grenze dafür, wie viel man rein körperlich fühlen kann. Mit der psychischen Belastung, die auf einem lag, war es weit schlimmer.“
 

Überlebensstrategien

Die Häftlinge entwickelten in den Lagern unterschiedliche Strategien, um das eigene Überleben zu sichern. Solidarische Gruppen entstanden meist unter Menschen mit gleichem Herkunftsland. Um sich gegenseitig besser schützen zu können, wurde unter anderem versucht, mit möglichst vielen Landsleuten oder Mithäftlingen, die man bereits aus anderen Lagern kannte, in dasselbe Arbeitskommando zu kommen und sich, wenn nötig, auch die Schlafstätte zu teilen.

Das „Arbeiten mit den Augen“ wurde laut den Berichten der Zeitzeugen zu einer der wichtigsten Fähigkeiten, um die harte Zwangsarbeit nicht tödlich enden zu lassen. Sobald in den Stollenanlagen keine Aufsicht mehr in Sichtweite war, wurde die Arbeit sofort eingestellt, um die eigenen Kräfte zu schonen. Dies musste gut koordiniert werden, da ansonsten mit schweren Bestrafungen zu rechnen war.

Um überlebenswichtige Dinge, wie Schuhe, Bekleidung oder auch Hilfspakete des Roten Kreuzes, entbrannten oftmals offene und gewaltsame Konflikte unter Einzelnen oder zwischen Gruppen von Häftlingen.

Die Überlebenschancen hingen darüber hinaus oft von einzelnen Entscheidungen von Wachleuten und zivilen Vorarbeitern ab. Überlebende berichten sowohl von Sadisten, die die Häftlinge systematisch grausam und gewalttätig behandelten, aber auch über einzelne Vorarbeiter, die bewusst weggesehen haben, wenn Arbeitsnormen nicht erfüllt werden konnten.

Häftlingskleidung aus Barkhausen. Die Häftlingsnummer weist darauf hin, dass diese Jacke von dem 1924 geborenen sowjetischen Häftling Alexeij Kolesnikow getragen wurde.